Am 31.10. und am 7.11. haben wir Frankfurter GRÜNE unser Kommunalwahlprogramm diskutiert und beschlossen. Wie immer bei den GRÜNEN: Breit und tief, vielfältig und offen. Anders als sonst: online.
Besonders intensiv haben wir Fragen der Stadtentwicklung im Spannungsfeld zwischen Klimawandel und dem extrem angespannten Wohnungsmarkt in unserer Stadt diskutiert. Auch das war natürlich keine Überraschung. Wir haben das bereits im Vorfeld getan und die Linien in großer Gemeinsamkeit beschlossen: Wir brauchen mehr bezahlbare Wohnungen in Frankfurt. Und wir brauchen eine Stadtentwicklung, die zu unserem Ziel der Klimaneutralität 2035 passt und die auf den trotz dieser Anstrengungen geschehenden Klimawandel mit mehr Hitzetagen, mehr Starkregen und mehr Trockenheit reagiert. Wir sind sicher, dass das geht. Wir sind auch sicher und einig, dass es dazu alle denkbaren Instrumente braucht: Neubau und Arbeit im Bestand, Innenentwicklung und die Entwicklung neuer Quartiere.
Am Samstag haben wir uns konkret auch mit einem speziellen Gebiet beschäftigt: Dem Planungsgebiet „Günthersburghöfe“. Seit rund 10 Jahren wird über die Bebauung eines Gebiets im Frankfurter Nordend diskutiert, das lange für einen Straßenbau freigehalten wurde und das derzeit nur teilweise versiegelt ist und teilweise derzeit ein Grünzug zwischen dem Günthersburgpark und dem Wasserpark darstellt – anfangs mit einem Abenteuerspielplatz und mit „normalen“ Kleingärten. Seit Beginn der Planungen haben sich die Anwohner*innen, wie immer bei solchen Projekten, sehr kritisch mit den Planungen auseinandergesetzt. Sie sind dabei aber auch kreativ geworden. Es ist nicht bei Protesten geblieben, sondern die Kleingärten wurden geöffnet, es wurden Initiativen für soziale und ökologische Nutzungen umgesetzt, und es wurde die Bezeichnung „Grüne Lunge“ erfunden.
Die ursprünglichen Planungen des Quartiers standen unter der Überschrift „Innovationsquartier“, und wir wollten immer genau das: Ein Vorzeigegebiet für die Verbindung zwischen Ökologie und Stadt, ein Gebiet für Menschen in einem Ballungsraum mit Rücksicht auf das Klima und die Umwelt, mit moderner sozialer und Mobilitätsinfrastruktur, mit gemischten Nutzungen und einem hohen Anteil auch an preiswertem Wohnraum. Seit 2016 wurde das Projekt vom Planungsdezernenten Mike Josef (SPD) weiter betrieben. Es hat mit „Günthersburghöfe“ einen neuen Namen bekommen, und die Planungen wurden verfeinert. Im Lauf der Zeit ist der Widerstand allerdings immer weiter gewachsen, und er hat über die Anlieger*innen hinaus Unterstützer*innen gewonnen. Es ist der Stadt nicht gelungen, zu vermitteln dass hier klimabewusst und sozial nachhaltig geplant wird. Die Meinungen und Einschätzungen konnten nicht zusammengeführt werden, sondern sie gingen im Gegenteil eher immer weiter auseinander. In den letzten Jahren ist das Projekt angesichts des Klimawandels zu einem Symbolprojekt geworden, und neben den Kleingärtner*innen haben sich auch Fridays for Future, der Nabu, der BUND, Greenpeace und viele weitere für den Erhalt des Grüns an dieser Stelle ausgesprochen.
In dieser Lage mussten wir GRÜNE entscheiden, wie wir politisch mit der konkreten Situation umgehen. Das Ergebnis ist: Wir wollen die bisherigen Planungen in diesem Gebiet anhalten und uns auf eine Entwicklung nur auf den bisher versiegelten Flächen in diesem Gebiet konzentrieren. Die F.A.Z. hat mich gefragt, ob das Klientelpolitik ist. Meine Antwort: „Nein. Die Aussagen sind: Wir wollen Wohnbebauung, aber wir müssen sie anders machen, als wir es bisher geplant haben. Und deshalb der besonders kritische Blick auf ein relativ weit fortgeschrittenes Planungsvorhaben und der offenere Blick für eines, wo man noch viel Klimaanpassung einplanen kann.“ Die Diskussion wird uns und die Stadt noch eine ganze Zeit beschäftigen, das ist klar. Ich glaube, wir müssen sie gemeinsam mit der Stadtgesellschaft führen. Insbesondere auch die Initiativen wie Fridays for Future und andere, die so wie wir auch den Klimawandel UND die soziale Situation in der Stadt im Blick haben sind hier aus meiner Sicht einzubeziehen und gefordert. Auch das habe ich der F.A.Z. gesagt: „Ich glaube, dass es wichtig sein wird, gerade mit (den) Akteuren, die überregional agieren, ins Gespräch zu kommen und zu sagen: Okay Leute, lasst uns zusammen schauen, wie es in Frankfurt gehen kann, dass unter Berücksichtigung von Klima und Natur bezahlbarer Wohnraum entsteht. Das ist der nächste Schritt, der passieren muss.“
Das Thema wird uns erhalten bleiben. Und die Aufgabe von Politik ist und bleibt es, Diskussionsprozesse zu organisieren und zum Ziel zu führen. Und auf fundamentale Veränderungen der Geschäftsgrundlagen zu reagieren.